Der iPAQ 3660: Lohnt der Umstieg?
(01.07.2004 00:00 CET)
Kann man ein sowieso schon überdurchschnittlich gutes Produkt verbessern? Die vorweggenommene Antwort:
Ja, man kann!
Nach einem Jahr, in dem die PocketPCs begonnen haben, den Palms die Vorherrschaft auf dem PDA-Markt streitig zu
machen, steht der Compaq iPAQ 3630 als klarer Sieger fest. Die Kombination aus Geschwindigkeit, Erweiterbarkeit
und Design hat viele Benutzer überzeugt, und die wenigen Mankos (wie "nur" 4096 Farben) fallen dabei
kaum ins Gewicht.
Nun hat Compaq einen weiteren Schritt in Richtung Innovation gemacht und den iPAQ 3660 auf den Markt gebracht.
Die große Neuerung: Der iPAQ 3660 ist der erste PDA mit einem serienmäßigen internen RAM von 64MB.
Schaut man sich beide Geräte an, so kann man rein äußerlich keinen Unterschied feststellen. Größe,
Form, Knöpfe, Schnittstellen, alles sieht aus wie gewohnt. Bleibt also nun die Frage, warum ein Besitzer eines
iPAQ 3630 umsteigen sollte? Nachfolgend eine Liste der Änderungen:
1.) 32MB größerer interner Speicher
Auch wenn man sich auf Grund der allgemein verbreiteten Limitation auf 32MB internen Speicher daran gewöhnt
hat, die Zahl der installierten Applikationen auf die nötigsten zu beschränken, und auch wenn man mit
der Zeit damit gut zurechtkommt: Die zusätzlichen 32MB machen einiges her.
Speicherfressende Programme wie Routenplaner und Übersetzer, die vorher meist ein tristes Dasein auf einer
Speicherkarte fristeten (und damit in den Situationen, in denen man sie brauchte, gerade nicht verfügbar waren),
passen nun ohne Probleme in den internen Speicher. Bei der Installation des 3660 bin ich durch mein Verzeichnis
der lizenzierten Programme gegangen, und habe jedes einzelne installiert. Der Blick auf den Speicherstand wurde
von Programm zu Programm erfreulicher.
2.) Das Display
Dies ist keine offizielle Aussage von Compaq, aber eine Beobachtung, die sich im direkten Vergleich zwischen mehreren
iPAQ 3630 und 3660 machen ließ. Das Display ist BESSER! Bekannt ist, dass Compaq die Displays in eine Folie
eingeschweißt hat, um die Probleme mit Staubkörnern im Display, wie sie bei den ersten Serien auftraten,
zu lösen. Einer der vorliegenden Test-iPAQs 3630 hatte ein von Compaq im Februar 2001 ausgetauschtes Display,
und trotzdem war der Unterschied deutlich, und das bei jeder Helligkeitseinstellung.
3.) Der Stifthalter
Ein weiteres bekanntes Problem der ersten iPAQs: der Stifthalter (die Arretierung im Gerät) war zu flexibel
und häufig ein Grund für Service bei Compaq. Der Stift ließ sich ohne Gewalt in beide Richtungen
einschieben, damit wurde der Stifthalter entsprechend beansprucht und geweitet. Ein Austausch (und damit verbundene
Servicezeiten bei Compaq) war damit meist logische Konsequenz. Die hochwertigen Chromstifte von PDAPanache (http://www.pdapanache.com)
hörte man im alten iPAQ noch leise vor sich hin klappern, im neuen iPAQ sitzen sie fest und sicher.
Mit den beiden vorangegangenen Punkten hat Compaq ganz klar auf die relative hohe Anzahl von Reklamationen reagiert,
nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.
4.) Das neue ROM
Für mich eigentlich der absolute Hauptgrund für die Umstellung. Nachdem Compaq das ROM-Upgrade von der
alten ROM-Version 1.34 auf 1.71 kurzfristig im Netz hatte, wurde dies sehr schnell auf Grund von gemeldeten Problemen
wieder von der Seite genommen. Die Version 1.69 führte bei einigen Anwendern zu einem LockUp des Geräts
während des Update-Vorgangs, die 1.71 zu Problemen mit einigen IBM Microdrives. Rückfragen bei Compaq
(siehe Eintrag im Tagebuch), wann denn ein funktionsfähiges Update nun zur Verfügung
stünde, ergaben die schwammige Aussage "in den nächsten Wochen".
Warum ist dies nun so wichtig? Zum einen werden einige Bugs im Zusammenhang mit Webzugang gefixed, diese allerdings
kann man auch als PocketPC Servicepack 1 bei Microsoft herunterladen, die Liste der Änderungen findet sich in der Microsoft Knowledge Base hier).
Zum anderen, und das ist eigentlich der wichtigere Punkt: Mitte Mai wird das CyPaq in den USA auf den Markt kommen
(kurz danach in Deutschland). Das CyPaq ist ein Jacket, was vergleichbar dem schon erhältlichen PCMCIA-Jacket
für PCMCIA-Karten gedacht ist. Im Unterschied dazu kann es aber zwei Karten aufnehmen (zwei Typ 2 oder eine
Typ 3, siehe auch DataAnyware) und enthält
dazu dann auch zwei Zusatz-Akkus. Dies ist nicht nur für den professionellen Anwender interessant: Momentan
muß man beispielsweise die Entscheidung treffen, ob man nun eine Speicherkarte (oder IBM Microdrive) oder
eine PhoneCard (wie das Nokia Cardphone) nutzen möchte. Oder ob man im Netz arbeiten oder das Bild über
eine VGA-Karte auf einem Monitor sehen möchte. Diese Gewissensentscheidung gehört bald der Vergangenheit
an. Voraussetzung: Ein ROM-Update!
Der iPAQ 3660 bringt mit der brandneuen ROM-Version 1.77 diese Voraussetzungen mit.
5.) Die USB-Dockingstation
Bei Veröffentlichung der ersten iPAQs sorgte Compaq für einen Sturm der Entrüstung, weil trotz Ankündigung
statt der USB-Dockingstation nur die serielle zum Lieferumfang gehörte. Aus Kulanz wurde für einen befristeten
Zeitraum ein kostenloser Austausch vorgenommen, nach diesem Zeitraum blieb dem Benutzer nur ein Nachkauf der USB-Variante
übrig.
Vorteil der USB-Lösung: deutlich höhere Geschwindigkeit sowohl beim Synchronisieren als auch beim Installieren
von Applikationen. Bei der Installation des 3660 hatte ich gerade den iPAQ angeschlossen, die Verbindungseinstellungen
festgelegt und die Verbindung aufgebaut, als ich den Blick einen Moment vom Bildschirm wegbewegte. Als ich wieder
hochsah, stand als Status "Synchronisiert" im ActiveSync-Fenster. Eine ungläubige Kontrolle des
Datenbestands des iPAQs bestätigte diesen Status.
Neben der mangelnden Geschwindigkeit ist es meist ein Problem, dass nur zwei serielle Schnittstellen im System
existieren, die durch Maus, Modem, etc. schon belegt sind. Einzige Möglichkeit, ein weiteres Gerät anzuschließen,
ist die Verwendung einer Umschaltbox mit Kabelgewirr und Schaltchaos. Die USB-Schnittstellen lassen sich beliebig
durch sogenannte HUBs (Verteiler) aufsplitten, durch die interne Logik der Ansteuerung wird der problemlose Datentransfer
vom und zum jeweiligen Gerät sichergestellt. Nachteil dieser Lösung: Sie funktioniert nur unter Windows
98, 2000 und ME (Windows 95 SE eingeschränkt), nicht aber unter NT. Wer Windows NT verwendet (also fast jeder
professionelle Anwender) muß entweder auf eine Synchronisation per Netzwerk ausweichen oder aber die serielle
Dockingstation nachrüsten. Alternative wäre eine manuelle Aktivierung weiterer Services unter NT, die
direkt auf die KERNEL32.DLL gehen. Eine Neukompilierung des NT-Kernels ist weder für den Privatanwender eine
Kleinigkeit, noch in einem Unternehmen realisierbar.
6.) Visuelle Änderungen
Die Taskleiste ist im neuen ROM etwas aufgewertet worden (mit Farbverlauf statt einfarbigem Blau), das Symbol des
Startknopfes ist neu und einige Symbole in der Systemsteuerung sehen anders aus, ohne dabei deren Funktionalität
zu ändern.
8.) Klangverbesserung
Dieser Punkt ist eigentlich nur im Rahmen der Pressemitteilung nachvollziehbar: Einige Anwender klagten angeblich
über störende Geräusche bei Nutzung des externen Lautsprechers. Hier wurde Abhilfe geschaffen, aber
auch im direkten Vergleich fällt das Erkennen eines Unterschieds schwer.
9.) Kompatibilität durch identischen Prozessor
Der iPAQ 3660 verwendet den selben StrongARM-Prozessor mit 206MHz wie sein kleiner Bruder, die WindowsCE-Version
ist bis auf das oben beschriebene Bugfix für den Internet Explorer identisch. Alle bisher auf dem iPAQ 3630
eingesetzten Programme laufen problemlos (z.B. mobile_i, Picture Perfect, Pocket Artist, KSE Truefax, Bsquare Bfax
Pro, Conversions in Hand, Developer One´s Code Wallet, Screensnap, AgendaToday, etc.). Einzig Gigabar führt
zu Verlangsamung des Geräts und Störungen im Ansprechen der Hardwaretasten, was vorher nicht der Fall
war.
Alles in allem also genug Gründe, die Anschaffung des iPAQ 3660 interessant zu machen. Schaut man sich jetzt
noch die durch die dauernden Lieferengpässe hohen Preise für Gebrauchtgeräte des 3630 (z.B. bei
eBay zwischen 800 und 1000 DM) an, dann sollte die Entscheidung nicht schwer fallen. Es ist fraglich, wie Compaq
die parallele Vermarktung der beiden Farb-iPAQs preislich realisieren will, denn ein Straßenpreis von DM
1299,- für den "alten" im Gegensatz zu DM 1499,- für den neuen iPAQ lässt sich kaum halten.
Zu vermuten also, dass die Preise für den iPAQ 3630 rutschen werden, und parallel dazu dann auch die Preise,
die man für ein Gebrauchtgerät noch erzielen kann.
Updatemöglichkeiten vom iPAQ 3630 zum iPAQ 3660
Wenn Compaq es schafft, das ROM-Update soweit zu überarbeiten, dass beim Update-Prozess keine Probleme mehr
entstehen (siehe oben), dann lässt sich der iPAQ 3630 vermutlich auf die selbe ROM-Version bringen wie der
3660 (auf der Compaq-Seite existiert schon ein Update für die Version 1.71, es ist also zu vermuten, dass
die neue Update-Version entsprechend höher sein wird).
Größere Probleme verursacht da das Update des internen RAM. Momentan gibt es nur eine Firma, die dies
anbietet: Times2 Tech . Für USD 149,-
plus Versandkosten führt Times2 Tech das Update innerhalb von zwei bis drei Werktagen durch und gibt einen
Garantie von 90 Tagen (allerdings nicht auf das Problem mit Staub hinter dem Display). Voraussetzung dafür
ist aber mindestens die ROM-Version 1.69, damit der Speicher überhaupt anerkannt wird. Im Vergleich zur Differenz
zwischen Verkaufspreis eines gebrauchten iPAQ 3630 und Kaufpreis eines standardmäßig mit 64MB ausgerüsteten
iPAQ 3660 scheint dies wenig lohnend.
Preis:
DM 1499,- (lieferbar bei Handit.de)Fazit:
Der Umstieg ist nicht unbedingt nötig, zum jetztigen Zeitpunkt aber durchaus ratsam! Ansonsten: Jetzt mit noch mehr Abstand der beste PDA seiner Klasse!Andere News, die Sie interessieren könnten:
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